Der Zabrak mit den goldenen Hörnern

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Ayara Kotum
Padawan
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Der Zabrak mit den goldenen Hörnern

Beitrag von Ayara Kotum »

Mein Versuch eines Märchens im Star-Wars-Universum:

Der Zabrak mit den goldenen Hörnern

Es war einmal vor langer Zeit, in dieser Galaxis, dass auf dem Planeten Iridonia ein kleiner Zabrak geboren wurde. Sein Vater war unglaublich stolz auf ihn. Jeden Tag sprach er zu seinem Sohn und sagte: „Du wirst eines Tages der größte und stärkste aller Zabraks werden, denn stammst von meinem Blut.“ Und der Sohn hörte zu, nickte und nahm sich fest vor, seinen Vater nicht zu enttäuschen.

Der kleine Zabrak wuchs heran. Mit jedem Tag wurde er größer und stärker, doch zählte er nie zu den Größten und Stärksten. Er maß sich regelmäßig mit seinen Altersgenossen im Kampf, doch siegte er nicht so oft, wie er es sich gewünscht hatte. Und jedes Mal, wenn er geschlagen nach Hause zurückkehrte, sah er die Enttäuschung im Gesicht seines Vaters und langsam brodelte der Hass in ihm. Die erste Zeit hasste er sich selbst für seine Schwäche. Dann hasste er die anderen Jungen seines Stammes für ihre Stärke. Und schließlich hasste er seinen Vater für dessen enttäuschte Blicke.

Und es geschah im Kampf, dass sein Hass die Führung übernahm und seinen Gegner erschlug.

Als der junge Zabrak bemerkte, was er getan hatte und die Furcht in den Augen der anderen sah, stieg in ihm eine tiefe Abscheu gegen sich selbst auf. Er lief und lief, bis er schließlich das Ende des Höhlensystems und die Planetenoberfläche erreichte. Sofort wurde er von einem Sandsturm erfasst, der ihn weit, weit davontrug und als er wieder zur Besinnung kam, wusste er nicht mehr, wo er war.
Er wusste nur, dass die Welt, auf dem er sich nun befand, nicht seine Heimatwelt sein konnte. Nirgends gab es Lava oder Fels, geschweige denn Höhlen. Stattdessen gab es hier Bäume und Gras. Dinge, von denen der Zabrak nur wusste, dass es sie gab. Sie verunsichertem und faszinierten ihn zugleich. Und als er seinen Kopf befühlte, um nach Verletzungen zu suchen, bemerkte er noch etwas Schreckliches. Seine Hornansätze waren weg, vom Sandsturm abgerieben.

Tiefe Traurigkeit ergriff von seinem Herzen besitz, denn er wusste, dass er nun nie mehr nach Hause konnte. Sein Vater würde die Schmach nicht ertragen, einen Sohn ohne Hörner zu haben, er selbst ebenso wenig. Er stellte sich vor, wie die anderen Jungen ihn auslachten und die Mädchen sich über ihn lustig machten. Von diesen Gedanken verfolgt, durchstreifte er jahrelang den, ihm unbekannten, Planeten. Um zu überleben, begann er zu jagen und wurde stärker; seine Instinkte schärften sich. Doch gefangen in seiner Trauer über den Verlust von Heimat und Familie, bemerkte er dies nicht. Und wenn er sein ungehörntes Haupt im Spiegel des Wassers sah, so wuchs seine Verzweiflung.

Es gab eine Stelle des Waldes, an dem er etwas Ruhe fand. Dort ließ er sich oftmals nieder, von einem inneren Drang getrieben, legte sich ins Gras und betrachtete den Himmel. Wenn es Nacht war, versuchte er unter all den Sternen, die Sonne seiner Heimat auszumachen und es war ihm, als ob eine Stimme flüsterte: „Eines Tages wirst du zurückkehren.“

Lange fragte er nicht nach dem Ursprung der Stimme, sondern genoss einfach ihre Anwesenheit. Doch nachdem er sie viele Male gehört zu haben glaubte, wollte er wissen, von wem sie stammte. War er etwa nicht alleine auf dieser Welt? Als er das nächste Mal die Stimme hörte, rief er nach ihr und sie verstummte. Der Zabrak meinte, es in den Bäumen leise rascheln zu hören, als würde sich jemand von ihm entfernen.

Drei Tage und drei Nächte blieb er auf der Lichtung und wartete darauf, dass die Stimme zurückkehrte. Bei Sonnenaufgang des vierten Tages, hörte er sie wieder, diesmal lauter und bestimmter als zuvor, jedoch unendlich sanft. Angestrengt spähte er durch das Dickicht aus Zweigen und Blättern und meinte, einen grünen Schatten zu sehen. Weitere Tage vergingen, in denen die Stimme weiterhin beruhigend auf ihn einsprach. Der Zabrak merkte, dass wenn er sich nur auf die Stimme konzentrierte, sie deutlicher wurde. Auch schien es nicht nur länger eine Stimme zu sein, sondern viele. Sie erfüllten ihn mit einer tiefen Ruhe und langsam kehrte seine Zuversicht zurück.

Es war in der Dämmerung, als er erneut einen Schatten wahrnahm. Dieser verflüchtigte sich nicht sofort, wie es der erste getan hatte, sondern schien sich auf ihn zu zubewegen. Allmählich konnte der Zabrak die Formen des Schattens ausmachen: eine Kugel mit einem Schweif. Das unbekannte Wesen glitt aus dem Schutz der Bäume über die Lichtung hinweg auf ihn zu. Er verspürte keine Furcht, im Gegenteil, Hoffnung stieg in ihm auf. Und als er in die großen, blauen Augen des Wesens blickte, sah er darin die Trauer, die seine Seele bewohnt hatte, doch er sah auch noch etwas anderes darin: unendliche Güte.

Nun tat der junge Zabrak etwas, das er noch nie zuvor getan hatte: Er weinte. Und während die Tränen über seine Wangen rannen, kam das unbekannte Geschöpf immer näher. „Warum weinst du?“, fragte es und seine Stimme hallte im Geist des Zabraks wieder. „Ich weine um das Leben, das ich genommen habe. Ich weine um dieses Gefühl in deinen Augen, das ich noch nie in meinem Leben sah. Ich weine, weil es für mich zu spät kommt“, flüsterte er mit erstickter Stimme. Das Wesen antwortete nicht, sondern strich mit seinem weichen Schweif die Tränen vom Gesicht des Zabraks. Die Berührung war so sanft, dass sie ihn erneut in Tränen ausbrechen lies. Es dauerte lange, bis all seine Traurigkeit ausgewaschen war und als er endlich wieder sehen konnte, bemerkte er weitere dieser merkwürdigen Wesen, die sich um ihn geschart hatten. Er spürte die Wärme des Lebens in ihnen und fühlte sich zum ersten Mal seit langem sicher und geborgen.

„Heute wirst du zurückkehren“, hörte er die Stimmen in seinem Geist wispern. „Warum tut ihr das für mich?“, flüsterte der Zabrak zurück.
„Du wirst deinem Volk ein Geschenk bringen. Du wirst sie lehren, was wir dich gelehrt haben.“
Da wurde dem Zabrak erneut schwer ums Herz. Sie würden nicht auf ihn hören. Denn während seines Exils war er zum Mann gereift, doch blieb ohne Hörner und Tätowierungen. „Ich kann nicht tun, was Ihr verlangt. Ich bin zu schwach“, dachte er traurig. In seinem Geist spürte er die Belustigung der fremden Wesen und das, welches ihm die Tränen getrocknet hatte, sprach: „Dein Inneres ist stärker und gefestigter, als das jedes anderen deiner Rasse. Und sieh dein Abbild im Wasser. Ist das die Gestalt eines Schwachen?“

Und als der Zabrak zu seinem Spiegelbild im Wasser blickte, sah er sich selbst, wie er es noch nie zuvor getan hatte. Er erblickte einen kräftigen, jungen Zabrak, der über und über mit silbernen Linien und Mustern bedeckt war und auf seinem Haupt glitzerten prächtige, goldene Hörner. Seine innere Stärke war nach außen gedrungen und für alle sichtbar. Doch in seinen Augen lag dieselbe Güte, wie in den Augen der Bouncer. Denn so hießen die Wesen, die sie ihn gelehrt hatten. Und während er sich so im betrachtete, verschwamm die Welt um ihn herum und als sie wieder klar wurde, wusste der Zabrak, dass er Zuhause war. Die Stimmen der Bouncer waren aus seinem Geist verschwunden, doch trug er sie Zeit seines Lebens im Herzen fort.

Er betrat die Höhlen und Gänge, die so lange Zeit sein Zuhause gewesen waren und es nun wieder sein würden. Die anderen seines Stammes erkannten ihn nicht und fürchteten sich, als sie ihn sahen.
Einige fielen zitternd auf die Knie vor seiner imposanten Gestalt und flehten ihn an, sie zu verschonen. Zu diesen kniete er sich, ergriff ihre Hände und ließ sie die Wahrheit in seinen Augen erkennen.
Andere versuchten vor ihm zu fliehen. Diese suchte er auf und sprach beruhigende Worte zu ihnen.
Viele wollten ihn bekämpfen. Ihre Waffen wehrte er ab, doch richtete sie niemals gegen die Angreifer, bis auch diese die Wahrheit begriffen.

Der Zabrak gab das Geschenk der Bouncer weiter an seine Brüder und Schwestern.
So lernte das Volk der Zabraks die Güte und das Mitgefühl kennen.
"Die Jedi sind keine Sekte, Anakin. Wir werden von Mitgefühl und von dem Glauben geleitet, dass die Macht größer ist, als die Summe jener, die sich ihr öffnen."
-Obi-Wan Kenobi-

Padawan von Jaime Skywalker
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